Bohrloch hinterfüllen

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Hauptaufgaben der Hinterfüllung

Mit der Hinterfüllung wird der Wärmefluss zwischen Bohrlochwand und Kunststoffrohr mit einem möglichst geringen Widerstand ermöglicht. Damit ist die Hinterfüllung entscheidend für das gute Funktionieren der EWS. Ideal ist, wenn die Hinterfüllung etwa die selbe Wärmeleitfähigkeit hat wie das umgebende Gestein oder Erdreich. Dies sind etwa 2 bis 2,5 W/mK. Auf dem Markt sind verschiedene Fertigprodukte erhältlich, die mittels Zuschlag von Quarzsand oder ähnlichen Materialien ein Lambda von 2 bis 2,2 W/mK erreichen. Die Verarbeitung dieser Produkte wird allgemein als problemlos beschrieben. Allenfalls kann der Quarzsand eine erhöhte Abnutzung der Förderpumpe verursachen.

Thermisch verbessertes Hinterfüllmaterial führt bei gleich langen EWS zu einer höheren (im Heizfall) oder tieferen (im Kühlfall) Temperatur im Sondenfluid. Damit wird die Jahresarbeitszahl der Wärmepumpe besser. Es kann eher mit reinem Wasser gefahren werden, ohne Frostgefahr im Verdampfer. Beim Kühlen kann mit Direktkühlung wirkungsvoller gekühlt werden. In diesem Fall und falls die EWS-Anlage als saisonaler Speicher genutzt werden soll, ist thermisch verbessertes Hinterfüllmaterial immer unbedingt zu empfehlen. Dies wird in verschiedenen Versuchen und Publikationen bestätigt.

Das Hinterfüllmaterial hat weiter die Aufgabe, einen vertikalen Grundwasserstrom zu verhindern und ggf. verschiedene Grundwasserstockwerke hydraulisch gegeneinander abzudichten. Je tiefer eine EWS in die Erde gebohrt wird, deto eher können verschiedene Grundwasserstockwerke angebohrt bzw. durchstossen werden. 

Das nicht sorgfältige Hinterfüllen der EWS kann zu gravierenden Schäden führen, wenn ein vertikaler Grundwasserfluss ermöglicht wird: Durchnässung von Böden, Hebungen oder Senkungen des Bodens, bei Hanglagen Rutschungen. Langfristig stellt jede nicht dicht hinterfüllte Bohrung ein Risiko für das Grundwasser dar: Verschmutzung oder Verringerung des Grundwasserstroms.

Nachdem das Rohr gebohrt und die Erdwärmesonde darin versenkt ist, hängen die Rohre lose im Bohrloch. Falls das Bohrloch trocken ist und die EWS-Rohre sind wassergefüllt, können ab 250 m Tiefe Schäden am Rohr entstehen. Der statische Innendruck des Rohres wird 25 bar, was die Druckfestigkeit der üblichen Rohre (PN 16) deutlich übersteigt. Die Hinterfüllung hat auch die Aufgabe, die EWS-Rohre langfristig zu stützen. Eine nicht sorgfältig gemachte Hinterfüllung kann somit die Lebensdauer einer EWS verkürzen. Bei trockenen, tiefen Bohrungen müsste die EWS erst gleichzeitig mit dem Einbringen der Hinterfüllung mit Wasser gefüllt werden, was in der Praxis kaum machbar ist. Deswegen sind bei EWS über 250 m Tiefe Rohre mit höherer Druckfestigkeit zu verwenden.

Bei tiefen EWS und Hinterfüllmaterial mit höherer Dichte als Wasser entsteht ein Aussendruck auf die EWS-Rohre, welcher die Rohre quetschen könnte. Solange die EWS mit Wasser gefüllt und oben geschlossen ist, ist diese Gefahr aber nur klein.

Wahl eines geeigneten Hinterfüllmaterials

Die wesentlichen physikalischen Einflussgrössen für die Wahl eines Hinterfüllmaterials sind seine Wärmeleitfähigkeit und seine Frostbeständigkeit. Interessant ist, dass die beiden Grössen voneinander abhängen. Laborversuche zum Frost-Tau-Verhalten von Probekörpern zeigen, "dass die praxisüblichen Baustoffe bereits nach einem Frost-Tau-Zyklus geschädigt werden. Diese Schädigung äußert sich in mikro- und makroskopischer Rissbildung, Vergrößerung des Porenspektrums sowie Materialverlust durch Abwitterung. Die Messwerte ungeschädigter Probekörper für Wärmeleitfähigkeit sowie Dichtigkeit werden bei Prüfkörpern von nicht frostsicheren Baustoffen nicht mehr erreicht."  [Quelle:Herrmann, 2008, Seite 155]

Zudem sollte die spezifische Dichte des Hinterfüllmaterials nicht zu hoch sein. Und natürlich muss auch der Preis im Rahmen liegen.

Handlungsempfehlungen

"Folgende Handlungsempfehlungen für die ingenieurgeologische/geothermische Praxis sind im Hinblick auf den Bau der Anlagen und die Systemsicherheit unbedingt zu beachten:

  • Verantwortungsvolle Planung
  • Verwendung von geeigneten, insbesondere frostsicheren Hinterfüllbaustoffen als Fertigprodukte
  • Einhalten der Rezepturen
  • Verpressen mit geeigneten und funktionstüchtigen Mischanlagen
  • Vollständige Bohrlochverfüllung bis zum Austritt der Suspension
  • Einhalten von Verpress-Standards Berücksichtigung ausreichender Abbindezeiten
  • Qualitätskontrolle möglichst hohe Wärmeleitfähigkeit"

[Quelle:Herrmann, 2008, Seite 177]

Weiter darf die Hinterfüllung nicht unter Zeitdruck erfolgen. Die Anmischung der Hinterfüllmörtels muss nach Herstellerangaben erfolgen, es kann in einem Behälter auf der Baustelle gemischt werden, oder die Mischung wird fertig angeliefert, oder es eignen sich spezielle Mischpumpen. Bei Klüften im Gestein kann eventuell eine etwas dickere Mischung helfen.

Produktübersicht

In der Schweiz und in Deutschland bieten rund eine halbes Dutzend Unternehmen [Tabelle] Hinterfüllmaterial für Erdwärmesonden an.

Die Hinterfüllung einer Sonde hat einen nicht zu unterschätzenden Einfluss auf den Sondenertrag. In einem Bericht wurde dieser Einfluss mit analytischen Methoden berechnet (Forschungsprojekt Erdsondenoptimierung: Einfluss der Sondenhinterfüllung, Arthur Huber, Huber Energietechnik AG, 11. März 2010). Die Arbeit zeigt die folgenden Resultate über den Nutzen einer besser wärmeleitenden Sondenhinterfüllung:

  1.  "Die prozentuale Ertragsverbesserung ist unabhängig von der absoluten Sondenbelastung [W/m].
  2.  Die Ertragsverbesserung ist bei Einzelsonden grösser als bei Sondenfeldern.
  3. Da der Wärmewiderstand des Bodens Rg mit der Zeit zunimmt, nimmt auch die Ertragsverbesserung bei längeren Sondenlaufzeiten etwas ab.
  4. Die Ertragsverbesserung ist um so stärker, je besser die Wärmeleitfähigkeit des Bodens ist.
  5. Bei ausgeglichener Sondenbilanz muss der Wärmewiderstand des Bodens Rg nur für ein Jahr betrachtet werden."

Quelle:Huber, 2010

Norm SIA 384/6

Die Norm SIA 384/6 Erdwärmesonden führt ein eigenes Kapitel über Hinterfüllmaterial [Quelle:SIA 384/6, 2010, F.3 Hinterfüllung, Seite 67/68]. Die Norm beschreibt u.a., welche Bedingungen an das Hinterfüllmaterial gestellt werden muss und welche Abhängigkeit besteht zwischen der Dichte des Materials und der Länge einer Erdwärmesonde. Je dichter das Material ist, desto geringer ist Länge der Erdwärmesonde, für die es eingesetzt werden darf. Die Norm liefert ausserdem verschiedene Tipps und Tricks für das Anrühren und Verpressen des Hinterfüllmaterials.

Dichtheit

Eine fertig montierte Erdwärmesonde muss auf ihre Dichtheit geprüft werden. Sobald die Hinterfüllung fertig eingebracht wurde, wird ein Dichtigkeitsprüfgerät an die Sonde angeschlossen (Beispiel, siehe Quelle:Geowatt, 2010). Der Druckaufbau erfolgt entweder manuell oder über eine externe Pumpe, die vom Gerät automatisch gesteuert wird. Das Gerät speichert die Messdaten, ausserdem die Durchflussmenge und die Temperatur des Sondenfluids. Später können sie auf einen PC kopiert und als fälschungssicheres Protokoll ausgedruckt werden.

Alternative Tonpellets

Bislang werden für Hinterfüllungen von Erdwärmesonden meist tonhaltige Zementsuspensionen eingesetzt. Für Untergründe mit großen Hohlräumen, stark zerklüfteten Gesteinen oder Porengrundwasserleiter ist dies nicht immer ideal. Ein Forschungsprojekt an der Universität Karlsruhe sucht deshalb Alternativen, insbesondere ein wärmeleitfähigkeitsverbessertes Spezialhinterfüllmaterial auf Tonpelletbasis [Quelle:Steger, Pektor, 2010]. Es wird dabei eine andere Einbringtechnik verwendet als bei tonhaltigen Zementsuspensionen. Die Tonpellets werden über ein spezielle hydraulische Pumpe eingespült. Das Verfahren hat eine ganze Anzahl von Vorteilen, u.a. ein Körnung, die kleine Hohlräume, Störungen und Klüfte sicher abgedichtet, kein Anmischen vor Ort, dauerhaft plastische Verfüllung, usw.

Fachinformation und Berechnungs-Tool zu Hinterfüllmaterialien

Die Tabelle stellt für empfehlenswerte Produkte wichtige Kennwerte zusammen,
z.B. Wärmeleitfähigkeit, W/F-Wert, Suspensionsdichte

Tool - Bohrlochvolumen und Hinterfüllmaterial-Mengen

Das Werkzeug zur Berechnung von Bohrlochvolumen und Hinterfüllmaterial-Mengen richtet sich an Fachleute, die schnell und einfach die Materialmenge für eine Erdwärmesonde berechnen wollen.

Sie können die Anzahl der Bohrungen, deren Durchmesser und Tiefe sowie den Durchmesser des Sondenrohres eingeben. Daraus werden einerseits Bohrungsquerschnitt und Bohrungsvolumen, andererseits Materialmengen berechnet.

 


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